Im atmosphärischen Schwarz-Weiß erscheint der Abspann meines letzten Films der Berlinale. Die Beleuchtung springt an und langsam verlassen alle Besucher den Saal. Nur ich bleibe hypnotisiert sitzen. In mir stauen sich Gefühle der Begeisterung, Faszination, aber vor allem Sprachlosigkeit. Bis zu diesem letzten Film konnte ich alle Emotionen zurückhalten. Nun hat die Reizüberflutung ihren Höhepunkt erreicht. Jetzt muss alles raus: ich will über den Potsdamer Platz rennen und alles loswerden. Ich möchte Worte finden, für etwas Unbeschreibliches…
Die Berlinale ist ein Festival der Superlative. Sie versammelt nicht nur Filmemacher, Regisseure und Schauspieler erster Klasse, sondern lässt auch jene normalen Besucher – Studenten wie dich und mich – ein bisschen besonders fühlen. Eine ganze Stadt wurde in die Festival-Stimmung eingetaucht und Tage später noch nicht losgelassen.
Die Gesamtheit der Berlinale, aber auch viele persönliche Momente haben mich sehr beeindruckt. So beispielsweise der Auftritt des Regisseurs Wregas Bhanuteja im Anschluss an die Weltpremiere seines Kurzfilms Lembusura, der unter den Berlinale Shorts III zu bewundern war. Ein sehr gelassener Filmemacher im trashigen Kostüm trat mit einer Maske – symbolischer Bekämpfer des Bergdämons – vor das Publikum. Sein Kurzfilm, welcher anlässlich des Ascheregens in Indonesien umgesetzt wurde, erinnerte zunächst eher an eine komische Improvisation eines spirituel überzeugtem Tänzer. Später fragt ein Zuschauer nach seinem Mitbringsel. Wregas Bhanuteja erklärt die Maske als Sinnbild seiner Freunde, Darsteller und Kameramänner, die es sich nicht leisten konnten, heute hier zu stehen.
So hoffte man auch, dass Jafar Panahi, Gewinner des Goldenen Bären mit dem Langfilm Taxi seinen Preis persönlich entgegennehmen dürfe. Bereits Festivaldirektor Dieter Kosslick eröffnete die Berlinale mit seiner Anteilnahme, ungeahnt, dass Panahi Tage später der Hauptpreis des Festivals gebühren würde: „Wir werden Ihn so lange einladen, bis er irgendwann persönlich seinen Preis abholen kommt.“
In Zeiten, wo Zensur, Presse- und Meinungsfreiheit doch nicht so selbstverständlich sind, wie zunächst angenommen, treffen besonders diese Einzelfälle sehr hart und vertiefen meine Eindrücke der Berlinale.
Ich habe sehr interessante 10 Tage in Berlin erlebt. Natürlich haben der Umfang des Festivals, der fehlende Schlaf, der Wettlauf von einem Kino zum Nächsten und das ewige Anstehen an den Kräften gezerrt. Aber als dann der Berlinale-Trailer auf der Leinwand aufflimmerte, waren alle Sorgen vergessen.
Am Ende war ich die Letzte, die den Kinosaal verlässt.