In ihrem Kurzfilm „Simply the Worst“ erzählen die beiden Filmemacher Johannes Kürschner (27) alias Günther und Franz Müller (29) alias Hindrich die Geschichte zweier Bastel- und Bierfreunde, die sich trotz schmalem Budget mit Trabi und Oldschool-Ausrüstung auf zum Gipfel der sagenumwobenen „Lomnitzer Scharte“ machen. Ihre Spezialität: breitestes (Fäkal-)Sächsisch, gepaart mit aberwitzigen Untertiteln.
Mit ihrem 20-minüter haben die beiden ostdeutschen Nachwuchshoffnungen national und international auf sich aufmerksam gemacht und waren 2016 sogar für den Deutschen Kurzfilmpreis nominiert. Auch am deutschen Kurzfilmtag am 21.12. wird der Film in verschiedenen Städten gezeigt. Wir haben mit den beiden Regisseuren über ihren besonderen Humor, unabhängiges Filmemachen und die Bedeutung des Kurzfilmtags gesprochen.
Johannes und Franz, ihr lieft mit „Simply the Worst“ auf Festivals rauf und runter. Wie fühlt ihr euch als Stars der Szene?
Johannes Kürschner: Also als Stars der Szene fühlen wir uns nicht, weil der Film auf so vielen Festivals eben NICHT gezeigt wurde. Die Berlinale hat ihn zum Beispiel komplett ignoriert.
Franz Müller: Trotzdem hatte der Film schon eine heftige Durchschlagskraft. Wir waren auf etlichen Festivals und da ist man dann schon überwältigt, wenn man dort auf der Bühne steht.
Der Film hat aber nicht nur die deutschen Jurys überzeugt, er lief auch bei Kurzfilmfestivals im Ausland, z.B. in Rom und Los Angeles. Warum, glaubt ihr, funktioniert euer „Dialekt-Humor“ auch bei Leuten, die überhaupt kein Deutsch sprechen?
F.M.: Im Ausland funktioniert der Dialekt-Humor natürlich nicht. Das, was zieht, ist wohl der Humor, den wir im Bild schaffen, zum Beispiel, wenn etwas explodiert oder umfällt. Da kann man auch den Ton ausmachen und man lacht trotzdem.
Selbst wer euch noch nicht kennt, trifft in „Simply the Worst“ auf ein bekanntes Gesicht. In einer kleinen Rolle spielt Comedian Olaf Schubert einen tschechischen Polizisten. Wie seid ihr denn an den rangekommen?
J.K.: Das ging über einen Fotografen, der uns für die Zeitung geknipst hatte. Der hat Olaf informiert per SMS. Und dann gab’s eine Pressekonferenz für seine MDR-Sendung und dort haben wir ein persönliches Gespräch mit ihm geführt und er hat direkt zugestimmt. Er war supercool.
„Simply the Worst“ wurde durch Crowdfunding finanziert. Könntet ihr überhaupt Filme machen, wenn es diese Geldquelle nicht gäbe?
J.K.: Also „Simply the Worst“ hätte ohne Crowdfunding nie gemacht werden können, weil wir dadurch immerhin 6.800 Euro zusammenbekommen haben. Allerdings ist so ein Film, der ja auch im Ausland gedreht wurde, nur mit diesem Geld gar nicht finanzierbar. Da haben wir schon selbst auch noch reingesteckt. Ich habe sogar ein Auto gekauft dafür.
F.M.: Unser neuer Film ist öffentlich gefördert. Crowdfunding lassen wir deshalb diesmal komplett weg. Trotzdem bleibt es ne super Sache. Es geht aber auch ganz ohne Geld, wie man bei unserem ersten Film „SIMPLYclever“ sieht. Den haben wir einfach frei Schnauze gemacht.
Ihr macht bei euren Filmen ja praktisch alles selbst: Regie, Drehbuch, Kamera, Schnitt und die Hauptdarsteller seid ihr auch noch. Habt ihr einfach keine Freunde, die euch helfen wollen oder warum ist das so?
F.M.: Wir hatten auch bei „Simply the Worst“ Freunde dabei, die uns geholfen haben: beim Tragen von Requisiten, Kabel halten, Making-of-Kamera, Strom anschalten etc. Aber Regie, Kamera, Drehbuch und Schnitt, das sind ja die wichtigsten Faktoren, die einen Film beeinflussen. Nachdem wir die ersten beiden Filme allein gedreht haben, haben wir es uns ein bisschen zum Dogma gemacht, alles selbst durchzuziehen. Weil es eben doch viel ausmacht, wenn das alles aus einer Hand kommt. Deswegen sind die Filme so, wie sie sind.
Obwohl es so großartige Kurzfilme gibt, kann man sie praktisch nur im Internet anschauen (wenn man weiß, wo man suchen muss). Macht es euch manchmal wütend, dass sich zum Beispiel Kinos oder das Fernsehen so wenig dafür interessieren?
J.K.: Ja klar. Kurzfilm müsste eigentlich im Kino vorm Film laufen, anstelle dieser sinnlosen Werbung für Haarbürsten und Nagellack usw.
F.M.: Man muss bloß als Kinobetreiber den Schritt gehen und sich sagen: Am Donnerstag um 20 Uhr laufen eben fünf Kurzfilme und nicht der neue Stallone. Ich denke auch, dass das bei den Leuten gut ankommen würde.
J.K.: Was das Fernsehen angeht: Mir platzt der Kragen bei Sendern wie dem MDR, der sich als der „Samariter des Kurzfilms“ aufspielt, aber dir für eine siebenjährige Nutzung deines Films nur nen Appel und nen Ei bezahlt.
F.M.: Find ich sehr schade. Auch beim Sendeplatz greifen wir uns schon an den Kopf: Wer ist denn bitte um ein Uhr morgens noch wach?!
Kann so ein bundesweiter Kurzfilmtag etwas an diesem Desinteresse ändern?
J.K.: Ich denke schon, dass die Leute mit einem Grundinteresse an Kultur mit so einem Tag schon erreicht werden können. Verschiedenste Kinoveranstaltungen mit Kurzfilmen sind eine gute Gelegenheit, um den Leuten zu zeigen: Es geht was! Aber solange der Kurzfilmmacher von seinem Schaffen nicht leben kann, bleibt alles schwierig. Was man für sein Werk aushandeln kann bei einem Kurzfilmtag, das ist schon eher wie der Tropfen auf den heißen Stein.
Was wünscht ihr euch in Zukunft für unabhängige Filmemacher wie euch?
J.K.: Die Filmemacher müssten anständig bezahlt werden. Ich würde einen Fördertopf aufmachen, um finanzielle Anreize zu schaffen. Förderanträge müssen leichter gestaltet werden, so, dass man dafür nicht BWL studiert haben muss. Das würde auf jeden Fall deutlich mehr Kultur schaffen.
F.M.: Eine „GEMA für Kurzfilme“ wäre vielleicht eine Idee. Generell müssen die Sachen viel mehr in Kinos laufen. Ich könnte mir Kurzfilme sogar auf privaten Fernsehsendern vorstellen.
Johannes und Franz, vielen Dank für das Gespräch und weiterhin viel Erfolg!
Das Interview führte Christoph Matiss.
Mehr über die beiden Filmemacher erfahrt ihr auf https://www.facebook.com/simplyworst und vimeo.com/makivisual.
Mehr über den bundesweiten Kurzfilmtag mit über 200 Veranstaltungen am 21.12. gibt’s unter www.kurzfilmtag.com. Warum ihr unbedingt kommen solltet, erklärt euch nochmal Meret Becker: