// christoph

29. interfilm-Festival Berlin: Von Pädophilen und Goldanzügen

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Dass Kurzfilme keineswegs nur der schnellen Unterhaltung dienen, sondern auch gesellschaftlich brisante, politische und vor allem unangenehme Themen in ihrer Zeit thematisieren können, zeigt sich in den Wettbewerben der Dokus und „Konfrontationen“. Letztere werden von den Veranstaltern treffend auch als „films with a conscience“, also „Filme mit Gewissen“ umschrieben.

Der Filmblock „Randgestalten“ lässt das Publikum in seinen sechs Filmen ganz nah an seine Protagonisten heran. Besonders herausragend zeigen sich hier zwei Beiträge aus Belgien. „Dit is Ronald“ von Jules Comes beschäftigt sich mit einem der gesellschaftlichen Tabuthemen par excellence: Pädophilie. Ronald fühlt sich zu Kindern hingezogen, seine Schuldgefühle quälen ihn. Er hofft neben der psychotherapeutischen Hilfe endlich in einer geheimen Bruderschaft Erlösung zu finden, findet jedoch nur mehr Verzweiflung.

Verzweifelt ist auch der 16-jährige Thomas in „De Naam van de Vader“ („In the Name of the Father“). Regisseur Timothy Josha Wennekes zeigt uns in diesem Film wie religiöse Glaubensgemeinschaften sogar ganze Familien spalten.

Nach solch ernsten Themen und insgesamt vier Programmen musste es dann zum Abschluss des Tages etwas Heiteres und Verrücktes sein. Und für solche Fälle gibt es bei der interfilm ein Zauberwort: EJECT. Das überaus bunte und schrille Event in der Volksbühne bietet neben einer bemerkenswerten Anzahl angeheiterter Menschen, einem Moderator im Goldanzug und dem ominösen „Sir Henry“ an der Orgel auch so manche „abwegige“ Filmperle. So wie Patrick Boivins „Dragon Baby“. Weitere Beschreibungen zu diesem Einminüter sind überflüssig. Einfach anschauen und sich freuen:

 

// christoph

29. interfilm-Festival Berlin: Ein Auftakt zum Verlieben

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Die Berliner Luft, wie hab ich sie vermisst! Besonders im November, dem Monat des Kurzfilms, ist ihr angenehm kalter Hauch von wohltuender Klarheit und Zeichen der vielleicht schönsten (Kurzfilm)Tage meines Jahres.

Ja, unser gestriger Auftakt beim interfilm-Festival in der Hauptstadt hatte schon wieder einiges von jener Schönheit und Romantik, die man sich als Kurzfilm-Liebhaber wünscht. Umso passender war da nur das erste Programm „Liebesspiele“ aus dem Internationalen Wettbewerb.

An dieser Stelle auch gleich ein großes Dankeschön an die lieben interfilm-Kollegen im Babylon, die uns auch (noch) ohne Akkreditierung hineinließen und uns so einen filmisch wie emotional tollen Festivalauftakt ermöglichten!

Wir sahen ein Filmprogramm so poetisch, schön und humorvoll, dass das Lächeln auf dem Gesicht ein Begleiter bis (mindestens) in den Schlaf bleibt. Hier ein paar Eindrücke:

Ein Mann stürmt aus der Kirche, lässt die Frau im weißen Kleid sitzen, hetzt zum Flughafen, um der Frau, die er wirklich liebt seine Gefühle zu offenbaren. Beide fallen sich in die Arme und küssen sich. Ein Happy End. Dann kommt der Abspann – und was kommt danach? Dieser Frage stellt sich der australische Film „After the Credits“ von Josh Lawson und deckt dabei auf, dass es eben nicht so einfach ist, trotz der ganz großen Liebe, Flugtickets zu stornieren und bereits aufgegebenes Gepäck wiederzubekommen.

Timothy Reckart gelingt es mit seiner wunderschönen Stop-Motion-Animation „Head Over Heels“ die Schwierigkeiten der Liebe im Alter ohne Dialoge und gerade deshalb umso eindringlicher vor Augen zu führen. Außerdem beweist der Film mal wieder, wie viel Leben und Wahrhaftigkeit dank der handwerklichen Brillanz seiner Macher in Knetfiguren stecken kann.

Hier gibt’s den Film in voller Länge:

Und dann wäre da noch ein alter Bekannter aus den Niederlanden. Bert Hana, Hauptdarsteller des 2012er cellu l’art-Gewinners „Suiker“, ist Protagonist in „97%“ von Ben Brand und zeigt mit dem ständigen hektischen Blick auf sein Smartphone einen der Schwerpunkte des 29. interfilm-Festivals auf: Social Media ist (spätestens) 2013 auch im Kurzfilm allgegenwärtig.

Berauscht von so viel Liebestaumel am ersten Abend freuen wir uns umso mehr auf heute. Bis später!

// Bettina

Weimar im Mai – Von Stofftieren, Sachsen und fantastischen Erlebnissen

Was gibt es besseres als an einem verregneten Sonntagabend ein kleines kuscheliges Programmkino zu besuchen? Vorm Lichthaus im E-Werk in Weimar glüht der Rost im Regensturm – ganz nach Thüringer Art. Während draußen die Würste auf dem Rost brutzeln, schauen wir uns drinnen die Gewinnerfilme des Festivals an. Das Back UP Festival steht für außergewöhnliche Kurzfilme, Workshops und Diskurse, Exzentrik, Philosophie und Filmdisko. Geprägt wird das Festival vor allem von studentischem Kurzfilm.

Ente und Anfang

Ente und Anfang – Filmausschnitt

Im Block finden sich die ausgezeichneten Filme sowie die Publikumslieblinge des Festivals, das mittlerweile zum 15. Mal stattfindet. Zu den preisgekrönten gehört „Ente und Anfang“ von Rike Hoppe. Im Film erläutert ein Vater seiner Tochter anschaulich, wie wichtig es im Leben ist loslassen zu können. Es ist überraschend wie emotional ich darauf reagiere, wenn Stofftiere an eine Wand genagelt werden.

Emotional bleibt es auch im Animationsfilm „Abita“ von Shoko Hara und Paul Brenner. Das kunstvoll gezeichnete Meisterwerk behandelt die Wünsche der Kinder in Fukushima, die aufgrund der hohen radioaktiven Strahlung nicht mehr im Freien spielen können. Gebannt waren die Zuschauer vor allem von der effektvollen Stärke des Kontrasts zwischen der  naturbasierten Idylle, die gegen Ende in eine Dystopie kippt.

Ebenfalls erwähnenswert ist das Musikvideo zu Adrian Bartley’s „Funny Games“, welches den Preis in seiner Kategorie gewann. Die skurril makabere Liebesgeschichte wird von Regisseur Facundo von Scalerandi in Nostalgie der 50er Jahre erzählt. Aus Bild, Melodie und Worten ergibt sich eine ironische Dreiecksbeziehung, die das Video zu einer amüsanten Abwechslung macht.

Das Highlight des Blocks war jedoch der noch amüsantere Kurzfilm „Simplycelver“ (Franz Müller, Johannes Kürschner). Im Film sehen wir eine Momentaufnahme von Günther. Günther ist ein ehemaliger Bürger der DDR und möchte Freeskiing ausprobieren, allerdings nicht ohne die bewährte DDR Qualität. Die liebevolle Übersetzung der Dialoge ins Hochdeutsche treibt mir glatt die Tränen in die Augen, aber seht selbst …

SIMPLYclever from maki VISUAL on Vimeo.

// lutz

Wehtun muss es: 34. Max Ophüls Preis 2013 – Teil 3

Ein Beitrag von Alice.

Der Kurzfilmblock „Pussy Riot“ beim Filmfestival Max Ophüls Preis war nichts für zartbesaitete Gemüter. Frauen wehren sich gegen Gewalt. Und wie? Mit Gewalt. Das war die traurige Antwort der Filmemacher. Wenig originell, dafür abgeschnittene Gliedmaßen, Vergewaltigung und Blutrausch, die einen Herren in der dritten Reihe zum vorzeitigen Verlassen des Saales veranlassten. ‚Schade eigentlich, hätte ich jetzt auch ´was Schönes sehen können in der Zeit‘, war der erste Gedanke, als ich nach eineinhalb Stunden mit roten Ärgerflecken im Gesicht vor dem Cinestar nach frischer Luft schnappte. Gefolgt von Fatalismus: ‚Gut, ich kann ja nicht nur Glück haben. Ganz normal, dass auch mal was schlechtes zu sehen ist.‘ Und dann ging es richtig los im Kopf.

Hermann Gerd Reda Andreas Berg Strap On Sex Frauen Vergewaltigung Anal

Vor allem der schonungsloseste Rachefilm „Herrmann“ von Gerd Reda ließ mich nicht los. Ein Mann verabschiedet sich von der Ehefrau, macht sich auf den Weg zur Bandprobe, wird auf der Straße gekidnappt und anschließend in einem ästhetisch ausgeleuchteten Keller von zwei Frauen in weißen Latexanzügen mit Umschnalldildos in seine zwei Körperöffnungen vergewaltigt. Die Kamera hält lange drauf, sehr lange. Es ist kaum zu ertragen. Der Regisseur sagte nach der Vorführung, dass es so wenig Filme gibt, in denen Männern von Frauen Gewalt angetan wird. Er wollte dies eben mal zeigen und das Publikum provozieren. Dieses Vorhaben ist ihm mit seinem verstörenden und äußerst brutalen Film gelungen. Die Frage, ob Gewalt mit Gegengewalt gerächt werden soll, habe ich mir noch nicht beantworten können. Aber ich denke, dass der „Pussy Riot“-Filmblock wohl doch keine verschenkte Zeit war. Kino kann auch manchmal weh tun.

 

// lutz

Tod in Saarbrücken – 34. Max Ophüls Preis 2013 – Teil 2

Logo Max Ophüls Festival Saarbrücken

Ein Beitrag von Alice

Graue Wolken, 5 Grad kalt und Nieselregen. Ein klassischer Januartag in Saarbrücken und passend dazu eine Handvoll Kurzfilme, die vom Sterben erzählen. Vier Geschichten, die Beziehungen zwischen zwei Menschen zeigen, von denen einer gehen wird. In „Terminal“ von Samuel Flückiger begleitet ein Vater seine Tochter in die Schweiz, wo sie Sterbehilfe in Anspruch nehmen möchte. Ohne Aussicht auf Hoffnung begleitet der Zuschauer den machtlosen Mann und die entschlossene todkranke Frau an ihrem letzten gemeinsamen Tag.

„Ich hab noch Auferstehung“ vom Hamburg Media School Absolventen Jan-Gerrit Seyler erzählt die Geschichte von der ersten Liebe, die für Lisa die letzte sein wird. Im Online-Spiel lernt sie Marco kennen, doch im realen Leben können beide leider nicht einfach „Auferstehung“ anklicken, wenn einer stirbt. Hier der Trailer:

Im Kurzfilm „Karlstod“ von Mariko Minoguchi unternehmen Helene und ihr Mann Johann einen Ausflug und stellen sich Helenes Diagnose Brustkrebs auf überraschende Weise. Große Namen hat die 25jährige Regisseurin für ihren vierten Film gewinnen können: Juliane Köhler und Matthias Brandt spielen das Paar vor einer prachtvollen Alpenkulisse.

Karlstod Minoguchi Max Ophüls

Was ein Unfall eines Kindes bewirkt, zeigt Magdalena Lauritsch in „Clara sehen“. Der Großvater hat sich nach dem Unfall seiner Enkelin Clara, die seitdem geistig und körperlich behindert ist, in eine Fantasiewelt zurückgezogen. Seine Tochter Kati, Claras‘ Mutter, begibt sich in diese Welt und damit auch in die gemeinsame traurige Vergangenheit.

Allen vier Filmen gemein ist ein warmherziger aber unkitschiger Blick auf das ernste Thema sowie großes handwerkliches und schauspielerisches Können.

// lutz

And the Oscar goes to…

Oscarverleihung 2013 Academy Awards Short movies

In der vergangenen Nacht (deutscher Zeit) wurden wieder die wichtigsten Filmpreise der Welt vergeben. Und natürlich wurden auch wieder Kurzfilme ausgezeichnet in drei verschiedenen Kategorien. Hier eine kleine Übersicht und die Trailer zu den Gewinnern:

Live Action: „Curfew“ von Shawn Christensen
Richie ist ein junger Mann, der kurz vor dem Selbstmord steht. Bis er sich um seine Nichte kümmern muss.

Animation: „Im Flug erobert“ von John Kahrs
In dieser Disney-Produktion sorgt eine Papierflieger dafür, dass sich eine romantische Liebesbeziehung anbahnt.

Documentary: „Inocente“ von Sean Fine und Andrea Nix
Eine junge Künstlerin schafft es entgegen alle Widerstände, sich selbst zu verwirklichen.

// Bettina

Ein Besuch auf dem 34. Max Ophüls Preis 2013 – Teil 1

Ein Beitrag von Julius                                           logo_mop

Im Januar ist Saarbrücken immer eine Reise wert. Vor allem für  Filmfreunde. Denn einmal im Jahr findet dort das Filmfest „Max-Ophüls-Preis“ statt. Dann verwandelt sich die ansonsten eher leise Stadt der deutschen Filmindustrie (neben dem jährlichen SR-Tatort) zu einer Hochburg des deutschen Nachwuchsfilmes. Sie kommen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz: Filmstudenten, Schauspieler, Verleiher, Filmkritiker und Filmkollegen um die neuesten Kurzfilm-Projekte und Debütfilme zu präsentieren und zu sehen. Alle verbindet der gemeinsame Enthusiasmus für neue Filmideen, die größtenteils ohne Vergütung und nur mit geringen Mitteln umgesetzt wurden.

Für das Publikum, vor allem auch für die Saarbrücker an sich, bietet sich so einmal im Jahr die Möglichkeit, Filme zu sehen, die dort als Geheimtipp für das folgende Kinojahr gehandelt werden, manche leider keinen Verleih finden werden und andere wiederum nur sehr spät nachts im öffentlich-rechtlichen Fernsehen mit ihren etwas kantigen Themen und anderen Ideen nach anspruchsvollem Publikum suchen. Oft machen hier junge Filmemacher und Schauspieler auf sich aufmerksam, die später aus der deutschen Filmlandschaft nicht mehr wegzudenken sind, wie die Regisseure Hans Weingartner, Florian Henckel von Donnersmarck und die Schauspielerinnen Christiane Paul und Alice Dwyer.

Max Ophüls Preis 2012 - Eröffnung
Die Bahnhofstraße bildet den roten Teppich zwischen den verschiedenen Festivalspielorten Cinestar, CameraZwo, Kino 8½, dem Filmhaus und dem benachbarten Festival-Café. Es kann vorkommen, dass man mehrmals am Tag die Kinos wechselt und dann trifft man sich auf dem Weg zum nächsten Film auf dieser recht schmucklosen Einkaufsstraße und tauscht sich aus, empfiehlt sich Filme oder rät sich davon ab. Und manchmal sagt man einfach nur zu sich, das war doch der bekannte Schauspieler, sieh an, der ist auch hier in Saarbrücken…

Wir vom cellu l’art haben natürlich ein besonderes Augenmerk auf die Kurzfilme gelegt. Denn die  sind häufig die Produkte, die während eines Studiums an einer Filmhochschule entstehen, die die Möglichkeit bieten, auch mit wenigen Mitteln eine neue Idee auf ungewohnte Weise umzusetzen.

Neben dem Kurzfilmwettbewerb gab es noch mehrere Kurzfilmreihen, mit dem das Festival der großen Anzahl an herausragenden Kurzfilmen gerecht werden will. Abgerundet wurde das Programm mit Filmen des „Atelier Ludwigsburg-Paris“ und der New Yorker School of Visual Arts.

// christoph

63. Berlinale – Von gefallenen Akrobaten und kletternden Kleinstädtern

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An manchen Tagen läuft einfach alles besser. Ein solcher Tag war der gestrige Samstag. Stand ich am Freitag noch über eine Stunde an, um letztlich zwei Tickets zu ergattern, so lautete die gestrige Ausbeute: fünf Karten in nur 20 Minuten. Vier davon gab’s am Schalter und die fünfte durfte ich bereits kurz zuvor in der Warteschlange entgegennehmen.

Einer jener Last-Minute-Verkäufer, wie es sie zur Berlinale zu gefühlten Tausenden gibt, bat mir eine Karte für den – ohnehin in meinem Visier befindlichen – georgischen Film „Chemi sabnis naketsi“ (A Fold in My Blanket) zur Spätvorstellung um 22:30. Klar, dass ich da nicht zweimal überlegen musste.

Und meine spontane Entscheidung erwies sich als goldrichtig (so, wie es eben an „Glückstagen“ ist). Das kleine Drama von Zaza Rusadze überzeugte durch einen fantastischen Cast und grandiose 35mm-Bilder, die unter anderem den Protagonisten Dimitrij beim Klettern in einer gewaltigen Felslandschaft zeigen. Der junge Mann arbeitet sonst in einem eintönigen Job im Justizgebäude seiner Kleinstadt, bei dem man ihn unter anderem beim Kopieren seines eigenen Gesichts beobachten kann. Der Richter ist sein Vater und ein Entkommen aus diesem Mikrokosmos scheint nur durch den aufbegehrenden Andrej, seinen Onkel Alexander und seine alzheimerkranke Tante möglich. Rusadze zeigt dabei, wie sich Dimitrij immer stärker in seinen eigenen Imaginationen verliert. Fast unmerklich wird aus dem Drama ein Mysterythriller von betörender Intensität.

Auch die französische Doku „Parade“ von Olivier Meyrou um den querschnittsgelähmten Hochseilakrobaten Fabrice Champion wusste insgesamt zu überzeugen. Der Filmemacher ist dabei auch wörtlich ganz nah dran an seinem Protagonisten und erzählt dessen beschwerliches neues Leben vorrangig in Nah- und Detailaufnahmen. Leider erfährt man in den gut 70 Minuten nur wenig über den Menschen Champion. Der Artist wird jedoch umso genauer ausgelotet.

Heute geht’s mit zwei vielversprechenden Filmen weiter. Egal, wie diese werden, ich scheine doch noch meinen Frieden mit der Berlinale 2013 zu machen…

// christoph

63. Berlinale – Klüngeln in Berlin

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Es ist Februar, es ist kalt, der Wind pfeift – Zeit für die Berlinale! Jeder, der sich für einen Cineasten oder zumindest Film(kunst)freund hält, macht sich auf die Reise in den Nordosten der Republik. Das größte Publikumsfestival der Welt öffnet seine Pforten – allerdings vor allem für die Privilegierten.

Ist man ohne Akkreditierung, Connections oder auf sonstigem Wege erworbenen Freikarten rund um den Potsdamer Platz unterwegs, beschränkt sich die Filmauswahl in der Regel auf Filme aus den „Exotensektionen“ des Festivals. So hatte ich gestern Abend noch die Möglichkeit, Tickets für das ominöse „Programm 3“ im Forum Expanded zu ergattern. Dahinter verbergen sich zwei Filme mit einer Gesamtdauer von 70 Minuten, wobei einer von ihnen von keiner Geringeren als der großen Isabella Rossellini stammt. Wichtiger Zusatz: „Mit Performance“. So sehr mich dieses extravagante Aufgebot auch ins Grübeln kommen ließ, die satten neun Euro wollte ich dann doch in etwas anderes investieren.

Ich entschied mich angesichts des überschaubaren Restangebots für die kleine (und hoffentlich feine) Doku „Parade“ von Olivier Meyrou im Rahmen der nicht ganz so exotischen Panorama-Sektion.

Wie es wird, verrate ich später an dieser Stelle. Aber eigentlich spielt das auch gar keine Rolle. Wichtig ist nur: Ich habe ein Ticket dafür.

// Bettina

Cellu l’art bei den 23. Bamberger Kurzfilmtagen (Teil 2)

Nach einer Woche enden die 23. Bamberger Kurzfilmtage mit der Preisverleihung als krönenden Abschluss. In der zweieinhalb stündigen Zeremonie zeigen sich einige überraschte Gewinner. Der Animationsfilm „Little Plastic Figure“ (Samo-Sama), der Kinderfilm „Gekidnapped“ (Sarah Winkenstette) und der Dokumentarfilm „Veronika“ (Mark Michel) waren die Favoriten, die sich bereits im Laufe der Woche als Gewinner heraus kristallisierten.  Beim besten Kurzspielfilm waren sich Publikum und Jury einig. Der Sieger „Armadingen“ von Philipp Käßbohrer sahnte so gleich zwei der begehrten Trophäen ab.  Sichtlich überrascht und gerührt zeigte sich Tobias Rehm, der für sein Erstlingswerk „Qe skem a’malla harza – Ich bin manchmal einsam“ den Preis der Jugendjury entgegen nehmen durfte.

23. Bamberger Kurzfilmtage

23. Bamberger Kurzfilmtage

In den letzten Tagen gab es neben diesen viele weitere Highlights, die einmal mehr die Vielfältigkeit und den Anspruch der Kurzfilmszene in Deutschland unter Beweis stellten. Ganz vorn mit dabei ist der Experimentalfilm „Kaffeefahrt“ von Ben Kaufmann. Die Komik des kurzen Streifens war eine gekonnte Darbietung.

Kimono (Maurice Hübner) copyright: Bamberger Kurzfillmtage e.V.

Kimono (Maurice Hübner) copyright: Bamberger Kurzfillmtage e.V.

Im Block Sehnsucht, Traum und Wirklichkeit setzte „Kimono“ von Maurice Hübner  einen gekonnten Akzent. Im Film schleicht sich eine obdachlose Frau auf der Suche nach Essen in die Wohnung eines jungen Mannes. Statt die Wohnung zu verlassen, nistet sie sich dort heimlich ein. Eine traumhafte Geschichte über zwei Menschen, die sich in stillem Einverständnis Nähe und ein wenig Glück schenken. Eine etwas andere Idee von Romantik strickt der Film „Five Minute Love Story“ (Robert Jenne),  in dem Emma und Tom eine kurze aber intensive Begegnung erleben.

Five Minute Love Story TEASER from Robert Jenne on Vimeo.

Christopher Bisset zeigt in „Five Ways to Kill a Man“, dass Humor und kritische Perspektive eindeutig vereinbar sind. Der 12-minütige Kurzfilm visualisiert die persönliche Verantwortlichkeit für kollektive Handlungsentscheidungen.  Auch „Grünes Gold“ von Barbara Marheineke nimmt politische Szenarien auf die Schippe. Dabei stehen kleine Grüne Männchen im Mittelpunkt. Die Mockumentary ist eine der überzeugendsten Brückenschläge zwischen niedlichem Humor und tiefgreifender Kritik. Das Fazit vom Festivalbesuch: spannende, abwechslungsreiche und großartige Filme, großartige Organisation und Gästebetreuung sowie ein paar neue Inspirationen für unser Festival und unsere Filmabende.

Five Ways to Kill a Man (Christopher Bisset) copyright: Bamberger Kurzfilmtage e.V.

Five Ways to Kill a Man (Christopher Bisset) copyright: Bamberger Kurzfilmtage e.V.