// Bettina

Der kurze Stummfilm und die Musik

Ein Film ist ein Gesamtkunstwerk. Heute machen nicht nur beeindruckende Bilder den Reiz des bewegten Bildes aus. Sound Effekte, Dialoge und musikalische Untermalung umspielen die Handlung bis zur Vollendung. Doch das war nicht immer so. Der Film hat seine Ursprünge in der rein visuellen Form. Bewegtbild mit synchronisiertem Dialog hielt erst gin den 1930er Jahren Einzug in die Kinosäle. Von 1894 bis 1929 erschloss sich hingegen die sogenannte „silent era“ – die Ära der Stummfilme. In diesen Anfangsphasen des Films koexistierten Lang- und Kurzfilm mit vergleichbarer Popularität.
Frühe Stummfilmvorführungen zeichneten sich durch die Untermalung mit Live-Musik aus. Dieses Phänomen wurde begründet mit einer Pianobegleitung der ersten öffentlich vorgeführten Filme der Lumière Brüder 1895. Von Anfang an erkannte man die große Bedeutung der Musik, die den Film atmosphärisch und emotional zu lenken vermochte und auf diese Weise auch das Publikum in eine Richtung steuerte. Um 1910 engagierten die lokalen Kinos meist Pianisten. In den Großstadt Kinos wurden oft ganze Ensembles eingesetzt. Die Filmmusik wurde meist improvisiert oder aus klassischen Motiven der Filmmusik zusammengefügt. Zu Hochzeiten des Stummfilms wurde für große Filmproduktionen auch Filmmusik vorgeschrieben, die die Pianisten mit dem Film spielten. Aber auch dort gab es Raum für Improvisation.
Mit dem Aufkommen der vertonten Filme, verschwand der Stummfilm aus den Kinos. Bis heute gibt es jedoch in kleinen Programmkinos und anderen Veranstaltungsorten Stummfilmvorführungen, die mit Live-Musik vertont werden. Liebhaber kennen die Vorführungen im 16-mm-Kino Erfurt, im Lichthaus & mon ami Kino Weimar und im Café Wagner in Jena. Hier sitzt einer immer wieder am Klavier: Richard Siedhoff. Der 25-jährige Student der Weimarer Hochschule für Musik Franz Liszt ist nicht nur musikbegeistert, sondern hat seit jungen Jahren eine Vorliebe für den Stummfilm. Wie die Künstler der Goldenen Zwanziger improvisiert Siedhoff gern und schafft es so, jede Filmvorführung zu einem einzigartigen Erlebnis zu machen.

Richard Siedhoff (copyright: Marvin David)

Foto: Richard Siedhoff (copyright: Marvin David)

Am 27.11.2012 wird Richard Siedhoff im Rahmen des cellu l’ique Stumm-Kurzfilmabends sein Können unter Beweis stellen. Hier der Link zum Event.  In zwei Abschnitten à 40 Minuten werden stumme Kurzfilme gezeigt, die im großen Saal im Haus auf der Mauer mit Musik versehen werden. Im ersten Teil werden vor allem die Klassiker der Stummfilmära im Mittelpunkt stehen. Im zweiten Block werden Kurzfilme gezeigt, die vom cellu l’art zusammengestellt worden. Dort wird auch kontemporäre Kunst zu finden sein. Unter anderem dabei  ist „Graphit auf Leinwand“.

Graphit auf Leinwand Filmausschnitt

Foto: Ausschnitt aus „Graphit auf Leinwand“

Der Experimentalfilm von Hanni Weiter zeichnet das Portrait einer jungen Frau, die Opfer Ihres Selbstbildes wird. Durch animierte Zeichnungen an den Wänden des Raums schafft sie sich ein Gedankengefängnis, aus dem kein Ausweg mehr scheint. Ein Film über Selbstverlust, Kreativität und Wahn.

Also vorbei schauen und beeindrucken lassen!

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