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kurz & queer: Queerer Kurzfilmabend im Weimarer Lichthauskino

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„Kurz und queer“ ging es am vergangenen Mittwoch im Lichthauskino Weimar zu. Dort wurden nämlich acht Kurzfilme mit queerer Thematik gezeigt, die das cellu l’art Kurzfilmfestival zusammen mit dem backup_festival Weimar ausgewählt hatte: Sieben Lieblinge der Festivals plus der noch nicht gezeigte schwedische Animationsfilm „Moms on Fire“ als Bonuszugabe. Aufgrund des regen Interesses wurde schnell deutlich, dass Kinosaal 1 nicht ausreichen würde, um all die Gäste zu beherbergen. Kurzerhand wurde also in den größeren Saal gewechselt – jetzt konnte es losgehen!

Mit dabei waren die Filme „Beyond the Mirror’s Gaze“ von Iris Moore und „Mamma vet bäst“ (Mother Knows Best) von Mikael Bundsen, die zuletzt im queeren Programm des 17. cellu l’art Kurzfilmfestivals im April 2016 liefen. Danach wurden ein Film aus Norwegen und ein Film aus Deutschland präsentiert: Während der norwegische Spielfilm „Shower“ von Christian Norvall die folgenreiche Begegnung zweier Männer im Duschraum einer öffentlichen Badeanstalt schildert, thematisiert Gregor Zootzky in seiner Animation „Hermes & Aphrodite“ Intersexualität. Sensibel und mit kindlichem Pinselstrich erzählt er von den gesellschaftlichen Schwierigkeiten, mit denen sich viele intergeschlechtliche Kindern konfrontiert sehen. Mehr zum Thema und zu den Hintergründen des Films findet ihr auf seiner Webseite.

© Francy Fabritz: „Etage X“ (2016) | Bildquelle: ag-kurzfilm.de

Mit Francy Fabritz‘ „Etage X“ wurde anschließend ein Film gezeigt, der bereits bei unserem alternativen Pornofilmabend „Es kommt nicht auf die Länge an“ für Lacher und amüsierte Reaktionen sorgen konnte. Das Zwei-Personen-Stück kommt fast gänzlich ohne Dialog aus und beschränkt sich nahezu ausschließlich auf den Fahrstuhl als Handlungsort. Die Ausgangssituation ist so simpel wie bekannt: Zwei Frauen treffen sich im Fahrstuhl. Dann bleibt er stecken. Was dann folgt, ist jedoch nicht nur überraschend, sondern ebenso witzig wie sympathisch dargestellt, gleichsam frech wie sensibel erzählt.

Dass Regisseurin Francy Fabritz das Innenleben der Figuren im Drehbuch minutiös beschrieben hat, aber dennoch genug Freiraum für die Schauspielerinnen ließ, um das Eigenste in ihre Rollen einbringen zu können, konnte Eva Medusa Gühne, eine der beiden Darstellerinnen, im Filmgespräch verraten. Auch dass ihre Schauspielkollegin Morgana Muses weder ausgebildete Schauspielerin noch eigentlich in Deutschland ansässig ist, sondern eigentlich Produzentin feministischer Pornografie ist und in Australien lebt, gab sie preis.

Bevor sich in Kai Stänickes Musikvideo zu The Hidden Cameras‘ „Carpe Jugular“ Liebe, Gewalt und Leidenschaft zu einer explosiven Mischung verbanden und zwei Mütter in Joanna Rytels „Moms on Fire“ gegen sämtliche Anstandsnormen rebellierten, durfte der Kinosaal einen weiteren Gast begrüßen: Jan Soldat zeigte die Kurzdokumentation „Zucht und Ordnung“, die 2013 auf dem  cellu l’art Kurzfilmfestival gezeigt wurde und unter anderem auch auf der Berlinale lief. Hier wird ein Einblick in das Sexleben von Manfred und Jürgen gewährt, die sich in ihrem Wohnzimmer sadomasochistischen Praktiken hingeben und sich dazwischen – wie man’s vielleicht von den eigenen Großeltern kennt – neckisch angrummeln.

Im Gespräch erzählte Jan davon, dass er das Paar auf einer Sex-Website gefunden hatte und er nur wenige Stunden bei ihnen in der Wohnung war. Das (beschämte? verunsicherte? amüsierte?) Lachen des Publikums während des Filmscreenings warf außerdem die Frage auf, worauf solch eine Reaktion gründet: Ist es der für die meisten Zuschauer*innen ungewohnten Situationen geschuldet, älteren Menschen bei „ungewöhnlichen“ Sexpraktiken zuzuschauen oder gibt es andere Gründe? Festzuhalten ist, dass Jan Soldat mit „Zucht und Ordnung“ ein Film gelungen ist, der das Tabuthema ‚Sex und Alter‘ respektvoll und trotzdem ohne jeglichen Moralisierungsversuch behandelt. Ein Thema übrigens, das auch in seinen anderen Dokumentationen immer wieder auftaucht. Wer mehr über Jan und sein Schaffen erfahren will, dem*der sei das Porträt von Dennis Vetter auf shortfilm.de empfohlen. In unserem Mitteldeutschland-Special „Ab durch die Mitte“ am 29. April zeigen wir außerdem einen weiteren Film von Jan aus dem Jahr 2008.

Das komplette Filmprogramm:

Beyond the Mirror’s Gaze (Kanada 2013, Iris Moore)
Etage X (Deutschland 2016, Francy Fabritz)
Shower (Norwegen 2012, Christian Norvalls)
Hermes & Aphrodite (Deutschland 2013, Gregor Zootzky)
Mamma vet bäst (Schweden 2016, Mikael Bundsen)
Zucht und Ordnung (Deutschland 2012, Jan Soldat)
The Hidden Cameras – Carpe Jugular (Deutschland 2014, Kai Stänicke)
Moms on Fire (Schweden 2016, Joanna Rytel)

Ihr wollt noch mehr queere Kurzfilme sehen? Dann merkt euch schon mal den 23. Mai vor! Dann zeigen wir im Rahmen des IDAHoBIT*-Festivals einen queeren Kurzfilmabend im Kulturbahnhof Jena. Aber zuerst: Festival 2017, here we come!

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