Herzstück jedes (Kurz-)Filmfestivals sind ohne Frage die Wettbewerbe. Bei der Interfilm gibt es 2016 gleich deren sechs. Der größte davon ist wie immer der Internationale Wettbewerb mit seinen acht Programmen und insgesamt 70 Filmen. Die Animationen sind mit 40 vs. 30 gegenüber der Live Action sogar in der Überzahl.
Die beiden ersten Programme des internationalen Wettbewerbs widmen sich wie in den letzten Jahren ausschließlich den Animationskünstlern aus aller Welt. Dass Festivalchef Heinz Hermanns ein großer Fan von Zeichentrick, Stop-Motion und Co. ist, versteht man angesichts der Wettbewerbsfilme sofort.
Animated 1: Crossing Worlds zeigt gleich zum Auftakt mit dem flotten 3-minüter „Stems“ von Ainslie Henderson aus Schottland, warum nicht nur Zuschauer und Festivalleiter, sondern gerade auch die Filmemacher selbst so verliebt sind in die Animation. In dieser Stop-Motion begegnet man liebevoll zusammengebastelten kleinen Musikern, die gleich den richtigen Ton für das weitere Programm vorgeben. Der Schweizer Animations-Routinier Georges Schwizgebel sorgt in seinem typischen Gemäldestil für Gänsehaut bei der großartigen Interpretation von Goethes „Erlkönig“.
Eine sprechende Gewehrkugel im Kopf eines Wolfes spielt in Aurore Peuffiers „Du Plomb Dans La Tête“ die Hauptrolle und zeigt, wie man die Möglichkeiten der Animation auch zum Erzählen ungewöhnlicher Geschichten einsetzen kann. Auch zum Ende hin wird der Block nicht schwächer, ja erreicht mit dem wahnwitzigen „Decorado“ (ESP/FRA 2016) von Alberto Vazquez sogar seinen Höhepunkt.
Auch Animated 2: Searching for Sense präsentiert fast durchweg hohes Niveau bei seinen Filmen. Jan Saskas „Happy End“ aus Tschechien ist die bitterböse, rückwärts erzählte Suche nach dem Mörder einer ziemlich zerschundenen Leiche. Mithilfe moderner Computertechnik vermitteln Regisseur Franck Dion und die französisch-kanadische Produktion „Une Tête Disparaît“ die Tragik der Vergesslichkeit. Und „Filthy But Fine“ (USA, Arthut Metcalf) zeigt zum Abschluss nochmal, mit wie viel Tempo und Wildheit man im Animationsfilm erzählen kann.
Mein Fazit: Fantasievoller, vielfältiger und sehenswerter kann Animation kaum sein.