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Interfilm Berlin – Die Zweite

Jenseits von Bollywood- Grenzüberschreitungen

Charlott

Der erste Tag für Sabrina und mich bei Interfilm: Kaum in Berlin angekommen, geht‘s auch schon rund. Es ist 15:00 Uhr. Der erste Termin auf unserer Liste heißt “Jenseits von Bollywood – Grenzüberschreitungen“. Hört sich auf jeden Fall interessant an. Wir sind gespannt.

Der Filmblock hält, was der Titel verspricht. Schon der erste Film regt zum Nachdenken an und sorgt für Gesprächsstoff – Andheri aus dem Jahr 2008: Eine junge Frau namens Anita läuft von zu Hause weg, weil sie es leid ist, sich jeden Tag um eine alte Frau zu kümmern und sich von ihr herumkommandieren zu lassen. Eines Tages soll sie etwas für die alte Dame besorgen. Auf dem Weg in die Stadt lernt sie im Bus eine andere junge Inderin kennen. Sie kommen ins Gespräch und Anita ist fasziniert von dem Leben der jungverheirateten Frau. Anita beschließt spontan nicht mehr nach Hause zurückzukehren. Doch plötzlich kommt es zu einem schrecklichen Zwischenfall, der Ehemann der jungen Fremden fällt aus dem überfüllten Bus. Der Bus stoppt und alle versammeln sich um den Mann und seine weinende Ehefrau. Anita ist schockiert von dem Unfall. Die eben noch so schön beschriebene Welt der Fremden löst sich plötzlich im Nichts auf und die Realität holt Anita ein. Der nächste Tag. Alles ist beim Alten. Anita ist zurück nach Hause gekehrt und  kümmert sich, wie jeden Tag, um die alte Frau Kapoor.

Im Anschluss an den gesamten Filmblock kommt der Regisseur des Films Sushrut Jain zu Wort und es gibt Gelegenheit ihm Fragen zum Film zu stellen. Eine immer wieder gestellte Frage bezieht sich auf Anita und die Tatsache, dass sie am Ende nicht weggelaufen ist. Sushrut Jain beschreibt daraufhin die Situation von Anita und die realistische Möglichkeiten einer jungen, zudem aus niedrigen Verhältnissen stammenden Inderin im damaligen Bombay.

Zudem erzählt er eine kleine Anekdote zu den Dreharbeiten. Zu der Szene in der, der Ehemann, der jungen Fremden aus dem Bus gefallen auf der Straße liegt und seine Frau um ihn weint. Für diese Szene gab es nur einen Versuch, denn die Leute auf der Straße, so Jain, wollten alle ins Fernsehen, sobald sie die Kamera sahen. So wurde die Kamera unter einem Tuch versteckt und erst im letzten Augenblick enthüllt, um zu drehen. Sobald die Kamera entdeckt wurde stürzten die Massen zum Ort des Geschehens, um einmal in die Kamera zu winken.

Ein weiterer Höhepunkt des Blocks war der Film Wagah von Supriyo Sen. Eine Dokumentation, in der der Titel Programm ist. Inhalt ist die allabendliche Militärparade, die sowohl in Indien wie auch in Pakistan abgehalten wird. Die Soldaten wirken dabei eher unfreiwillig komisch als ernst und kriegsbereit. Zudem wird die Dokumentation zum größten Teil von interviewten Kindern begleitet, die ihre Sicht der Parade darlegen und voller Enthusiasmus die Soldaten nachahmen.

Ein drittes Highlight war für uns Film Midnight Lost and Found von Atul Sabharwal. Der Kurzfilm hat einen dokumentarischen Touch, da es Ausschnitte gibt, in denen die Hauptcharaktere immer wieder interviewt werden: Der junge Arvind arbeitet nachts an einem Kiosk. Wie jede Nacht kommt eine junge Prostituierte vorbei, um Kondome zu kaufen. Arvind, der eher schüchtern und introvertiert ist, findet mehr und mehr gefallen an der jungen Frau. Jeden Abend unterhalten sie sich etwas länger und langsam entsteht eine Freundschaft zwischen den beiden. Eines Nachts kommt es zu einem Zwischenfall. Die junge Frau kommt zu Arvind ans Kiosk und ist im Gesicht schlimm zugerichtet. Zudem wartet ein Freier an der Straßenecke im Hintergrund auf sie. Er fängt an laut Herumzupöbeln. Arvind greift Partei für die junge Frau und schlägt den Freier in die Flucht.

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